Freitag, 21. April 2017

#26 03.02.1940

Liebe Großmutter, liebe Tante Anne!

Nun habe ich von Euch auch schon lange nichts mehr gehört! Überhaupt sind wir in den letzten Tagen mit Post nur sehr gering bedacht worden. Das wird sich ja wohl durch das Wetter am besten erklären lassen. Vor allem erwarte ich seit Tagen vergeblich das Eintreffen der interessanten "Auslese"-Hefte, die Du, liebe Großmutter, doch sicher beim Inkrafttreten der neuen Feldpostnummer, die sich zwei Tage später nun aber schon wieder änderte, abgeschickt hast. Im übrigen geht es mir aber weiter an Leib und Seele ausgezeichnet. Wir bleiben nur noch eine Woche in unserer netten Ortsunterkunft. Vor einer Woche marschierten wir 40 km weiter, auf den Rhein zu. Wider Erwarten fanden wir hier eigentlich noch bessere Quartiere vor, als vorher. Da die Kompanie allein in einem Ort liegt, hat jeder Soldat ein Bett bekommen. Ich liege auch wieder sehr nett im Forsthause. Dies hat eigentlich nur den einen Nachteil, dass es so weit bis zum Antreteplatz zu laufen ist und dass außer dem dem schon älteren Revierförster kein Mensch im Hause ist., So führen wir, d.h. der Alte, mein Kamerad und ich ein richtiges Junggesellenleben. Wir haben jeder ein großes Einzelbett, das wir uns allerdings immer selbst machen müssen und auch ums Kaffee kochen u.ä. müssen wir uns selbst kümmern. Das alles ist man als alter Soldat aber ja gewohnt und macht uns nichts aus. Alle möglichen Bequemlichkeiten stehen uns dafür zur Verfügung: ein warmes Zimmer mit schönen Möbeln, vor allem eine Couch und Radio sind Dinge, die man, ebenso wie der saubere Waschtisch im Schlafzimmer, lange nicht mehr gekannt kant. Am Abend sitzen wir meist noch beim Skat lange zusammen. Gestern hat mich nun mein Kumpan mit vielen anderen Kameraden verlassen. Auch meine beiden alten Kompaniekameraden wurden mit versetzt. Bald wird ja wohl Ersatz dafür kommen. Vorerst wird es nun wohl ziemlich einsam sein, aber das tut einem nach dem Dienst auch immer ganz wohl. Am letzten Mittwoch waren wir bei der Tochter des Försters, die mit ihrem Mann eine Sommerfrische im Forstrevier bewohnt. Dort werden jeden Nachmittag die Hirsche gefüttert. Leider waren sie aber diesmal durch zu viele Menschen verscheucht worden und da will ich ein anderes Mal sehen, ob ich Glück habe. Bis heute Mittag habe ich Wache und musste in einer Bude der Reichsbahn mein Nachtquartier beziehen. Schlafen konnte man nicht viel und so ging die Nacht mit Skatspiel herum. Jetzt scheint es ja allmählich etwas wärmer werden zu wollen! Was mag das nur einen Matsch geben, wenn die riesigen Schneemassen mal wegtauen. Unsere Hauptbeschäftigung war in den letzten Tagen überhaupt das Schnee schippen. Der furchtbare Ostwind wehte aber im Nu immer alles wieder zu. Nun ist es ganz windstill geworden. Meine Erkältung bin ich auch endlich los., das machen vor allem die warmen Quartiere. Heute Nachmittag geht die Kompanie in die Stadt ins Kino. Ich bin aber doch zu müde und werde wohl lieber meine Wachfreizeit ausnutzen. Mit den neuen Eindrücken habe ich mich in der neuen Kompanie schnell vertraut gemacht und über meine neuen Kameraden und Vorgesetzten will ich auch nicht klagen. Mit Urlaub sieht es ja nun leider vorläufig ziemlich dünne aus. Im Augenblick habe ich auf gar keine große Sehnsucht nach Haus. Mein jetziges Heim ist nach Lage und Comfort und Bauart fast wie das Osterholzer von Werner Fricke, der bei der Flak ist., erhielt ich gestern einen Brief als Antwort auf meinen Weihnachtsgruß. Es ist doch schön, wenn man mit alten Kameraden wieder Verbindung aufnimmt. Da unn aber mehrere Unteroffiziere versetzt worden sind, steigen die Urlaubsaussichten wieder etwas und dann soll es, auch bei den 5% über kurz oder lang was werden. Mit vielen lieben Grüßen bin ich in der Hoffnung auf ein schönes Wiedersehen

Euer Reinhard.

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#40 21.06.1940

Liebe Großmutter, liebe Tante Anne! Wir erfreut war ich, von Euch schon wieder so ein leckeres Paket mit einem lieben Brief zu erhalten. ...