Sonntag, 28. Mai 2017

#39 04.06.1940

Liebe Großmutter, liebe Tante Anne!

Sowieso wollte ich Euch heute mal wieder schreiben. Nun erhalte ich heute Mittag noch so ein nettes, fettes Päckchen mit lieben Begleitzeilen von Euch. Das hatte ich ja nun wirklich nicht erwartet. Da kann ich vorläufig das Wort "Kohldampf" erst mal wieder aus dem Wortschatz streichen. Von Frau Schirncher aus Schötmar ist mir für die nächsten Tage auch schon ein Wurstpaket angedeutet. Zu den drei Hauptmahlzeiten kann man diese Sonderzulagen doch schlecht mit in den Esssaal nehmen. Es handelt sich hauptsächlich darum, dass man zwischendurch noch mal was knabbern kann. Dafür reichen die neuen Vorräte nun erst mal bei weitem aus. Auch die Kuchenmarken kommen mir selbstverständlich sehr willkommen. Am letzten Wochenende konnte ich nun ja leider nicht raus. Aus Osterholz habt ihr sicher schon vernommen, dass ich seit Mitte letzter Woche mit einer Leistendrüsenentzündung im Revier liege. Sie ist entstanden durch eine unscheinbare Wunde unter dem Zeh. Die Infektion hat sich nun zuerst in den Leisten niedergeschlagen. Ich kann von Glück sagen, dass ich noch rechtzeitig zum Arzt gegangen bin und die Sache nicht zu einer Blutvergiftung geworden ist. Nun spüre nur noch was von der Fußwunde. Morgen werde ich Innendienst, vor allem den Unterricht, wieder mitmachen dürfen. Das ist ja der Punkt, wo ich besonders etwas versäumen könnte. Von den Kameraden bin ich überhaupt während der Tage ziemlich auf dem Laufenden gehalten worden und viel Neues wird in der ersten Zeit auch noch nicht durch genommen. Wenn mir nur Seitens der Inspektion das Krank sein nicht zu sehr angekreidet wird. Ich werde schon wieder reinkommen. Die Hauptanforderungen bestehen ja darin, dass wir morgens im Gelände furchtbar hoch genommen werden, Nachmittags den Unterricht haben und Abends noch Arbeiten für uns oder Aufgegebenes machen müssen. Man ist also den ganzen Tag in Bewegung. Der Lehrgang in Döberitz und Potsdam ist derselbe. In den Kasernen Döberitz sind 12 Inspektionen (d.i. Kompanien). Die restlichen drei liegen in Potsdam. Wir sind hier die einzigste Inspektion für den Infanteristen, sonst sind hier noch zwei für Infanterie- / Spezialwaffen. Wie ich schon schrieb, sind wir an Unterkunft und Umgebung den Kameraden im Lager sehr voraus. Zur Geländeausbildung fahren wir mit Lastautos auf den Übungsplatz, der extra 15km von hier, direkt am Lager der Infanterieschule liegt. Die Wochenschau von gestern habe ich leider noch nicht sehen können. Ich musste mich mit den Radionachrichten und Berichten von Bildern in Illustrierten begnügen. Es ist wirklich einzig dastehend in der Geschichte, was augenblicklich vorgeht. Wann mag der Schlag gegen England geführt werden. Ob er noch vor Paris kommt!? Heute wieder das Bombardement der französischen Flugplätze. Werner Fricke war im vorherigen Herbst noch Gefreiter, kann also höchstens Unteroffizier sein. Wenn der Kursus hier gut abgeht, bin ich in zwei Monaten Feldwebel und habe damit auch gleichzeitig auch gleichzeitig die Eignung zum Leutnant. Hier entscheidet sich eben alles. Ich wüsste keinen Grund, weshalb ich, trotz schwerster Anstrengungen, das Ziel nicht erreichen sollte. Zum Ausgehen ist in den Wochentagen ja doch keine Zeit, aber dass man uns eine Schranke für die Arbeiten setzt, finde ich eigenartig. Im Laufe der Zeit werden wir sicher, auch nach Andeutungen, länger als bis 22:00 Uhr sitzen müssen. In Sanssouci war ich noch nicht, man sieht aber das Schloss mit der Hinterseite von der Straße nach Potsdam liegen. Es ist uns empfohlen worden, dort mal Abends mit den Büchern zum durcharbeiten hinzugehen. Der älteste Sohn vom Kronprinzen wurde hier nämlich beigesetzt. Er ist als Oberleutnant gefallen. Ich glaube ja auch nicht, dass ich, über das Wochenende hinaus, für Mutti eventuell noch Tante Anne, hier Zeit hätte. Immerhin wäre ein Besuch sehr schön als Abwechslung. Wenn ich im August wieder länger nach Danzig komme, hoffe ich dann auch endlich auf Urlaub. Mutti's Pakete sind nun alle hier. Mir schreibt Vati jetzt auch, meist ausführlicher als sie. Wir übten neulich auch Alarm für Feuer, Luftschutz und Fallschirmjäger vor, mehr zur Belustigung, als aus Ernst. So schnell wird hier ja auch keiner rüber kommen. Und dann erst Fallschirmtruppen!! Es freut mich, dass ihr auch nicht so sehr durch Alarm gestört werdet. Schade, dass ich bei dem herrlichen Wetter noch nicht raus kann. Die Kameraden schwimmen heute mal wieder, sonst steht Sport ja ganz im Hintergrund. Ich habe wohl mal wieder sehr geschmiert, was? Oder könnt ihr es so ziemlich entziffern? Ich schreibe soviel, da geht es auch immer so flüchtig. Nichts desto weniger nochmal vielen herzlichen Dank für das nette Paket und viele liebe Grüße

von Eurem Reinhard

Donnerstag, 25. Mai 2017

#38 14.06.1940

Liebe Großmutter, liebe Tante Anne!

Nun muss ich Euch doch wohl mal wieder schreiben! Heute habe ich auch mal ausnahmsweise Zeit dazu, denn der Wochenausklang enthält diesmal nur kleinen Dienst, auf den ich mich nicht vorzubereiten brauche. Einen so langen, schön geschriebenen Brief, wie er mir gestern von Großmutter zuging, kann ich mir nun nicht leisten, ich will aber doch versuchen, bei der großen Hitze etwas zustande zu bringen. Der Dienst war sehr anstrengend in der Woche und wir freuen uns mal wieder auf das Wochenende und auch auf den 9. August, wenn das hier ein Ende hat. So den ganzen Tag im Dreck sitzen ist doch keine Kleinigkeit! Heute früh verdufteten wir uns mit dem Oberleutnant in die Badeanstalt, anstatt ins Gelände bei der Kaserne. Gestern Nacht fuhren wir mit Autos noch raus nach Göberitz, wo uns ein nächtliches Schießen aller Infanteriewaffen gezeigt wurde. Sehr interessant! Heute früh ging's dann aber schon wieder um 05:10 Uhr raus. Vorher wurde uns gestern die neue Wochenschau im Festsaal gezeigt. Hoffentlich wird das weiter jede Woche gemacht. Sie ist doch hochinteressant und in Potsdam und Berlin geht man doch schwerlich ins Kino. Überhaupt, die Einrichtungen sind hier fabelhaft und der Dienst rollt ab, wie am Schnürchen, ist eben nur zu ausgedehnt und manchmal sehr anstrengend. Der Oberleutnant hat schon Verschiedenen das Genick gebrochen oder dies angedroht. Ich bin noch nicht mit ihm zusammengerasselt und dränge mich auch nicht so vor, das ist das Beste! Wir geben uns natürlich alle Mühe, den Anforderungen gerecht zu werden, überhaupt wo uns nach bestandenen Kursus der Degen winkt. Die Ausbildung ist auch ganz ausgezeichnet und ein fabelhafter Überblick über den gesamten Infanteriedienst. Hoffen wir nur alle, dass dem redlichen Bemühen auch der Lohn beschieden ist. Als aktiver Offiziersanwärter werde ich möglicherweise doch nicht lange in Danzig bleiben, sondern bald an die Front kommen. Das würde ich, trotz der Vorzüge dort, doch sehr begrüßen. Vielleicht ist in zwei Monaten, nach dem heutigen Einmarsch in Paris, der kaum glaublich scheint, auch alles zu Ende. Frankreich ist nach unserer aller Meinung dann bestimmt am Boden. Ob England sich dann, unter dem Druck Italiens, noch lange halten wird? In Gedanken erleben wir hier schon die Siegesparade an der Ost-West Achse! Wir werden bestraft, wenn wir uns an die Front von hier wegmelden, oder werden sofort rausgeschmissen. Die Verwechslung der Briefe war ja nun nicht so schlimm, wie auch Mutti schrieb. Nachdem ich die letzte Woche nun wieder voll Dienstfähig bin, werden mir aus den 1 1/2 Wochen Krankheit wohl kaum große Nachteile für die Beurteilung entstehen. Das wäre doch auch gemein. Ein Kamerad aus der H.J. (Hitlerjugend) in Scharmbeck ist in der 14. Inspektion.
Wieso wird uns der "gedeckte Tisch mit zugedachten Genüssen" vorgesetzt. Das verstehe ich nicht. Zum Spaziergang in den nahen Park müsste man sich immer erst umziehen und meist ist auch schriftliche Arbeit da. Nur der Mittwochabend ist an sich ab 18:30 Uhr frei. Am letzten waren wir geschlossen im Restaurant "Historische Mühle". Sonst ist das ziemlich leere Theorie. Dagegen ist eine kalte Dusche vor dem Zubettgehen ganz angebracht. Ich dachte, unsere Ausbildung wäre Euch schon ziemlich klar, nach meiner Schilderung. Da es Euch aber so interessiert, will ich nochmal die Tageseinteilung beschreiben. Nach gemeinsamen Morgenkaffee um 06:00 Uhr fahren wir zur Geländeausbildung und zum Gefechtsdienst auf den ca. 15km entfernten Truppenübungsplatz, oder führen dieselbe Ausbildung auf dem Übungsgelände hinter der Kaserne durch. Am Nachmittage ist dann meist Unterricht über Taktik, Exerzieren, Sport, Waffenausbildung oder Unterricht über den angehenden Offizier interessierende Fragen. Der zuletzt erwähnte Dienst in der Schule ist manchmal auch Morgens und dann geht's zum Scharfschießen nach Göberitz. Die zwei Züge der Inspektion haben im Wechsel immer gleichen Dienst. "Hoch genommen" wird man im Gelände, besonders bei unserem Oberleutnant, jedenfalls mehr, als beim Sport, der sich eigentlich nur auf Spiele und Austoben ausdehnt. Als zum Leutnant befähigte Männer sollen wir in zwei Monaten hier entlassen werden. Auf die Teilnahme am Kursus hier wird man auch später immer zurückgreifen. Von hier gehen die Papiere direkt zum Oberkommando der Heeres.
Amerika wird doch wohl kaum eingreifen! Für den leckeren Pumpernickel hatte ich doch die schöne Wurst von Schumachers als Aufstrich, das war immer eine willkommene Zwischenmahlzeit, ohne die man kaum auskommt. Marmelade habe ich von Osterholz noch nicht erbeten. Für Kuchenkarten und Zeitungsausschnitte natürlich auch herzlichen Dank. Nun brauche ich damit nicht mehr zu knausern, den Stammabschnitt brauchte ich gar nicht. Von Onkel Carl erhielt ich auch eine nette Karte. Vielleicht entschuldigt Ihr mich bei ihm, und Tante Tilde, dass ich nicht so schnell antworte aus erwähnten Gründen. Sonntag will ich, trotz der Bullenhitze, wieder nach Berlin, um die schöne, interessante Stadt kennen zu lernen. Nun aber Schluss und zu Bett!

Viele herzliche Grüße, stets Euer Reinhard

Wollt ihr das beiliegende Passbild sehr gern behalten? Ich finde es sehr gut. Ich musste es für den Oberleutnant, im Photoatelier der Hohenzollernfamilie, machen lassen.

Montag, 22. Mai 2017

In eigener Sache

Wir freuen uns sehr, dass dieses kleine Projekt so gut angenommen wird. Und wir sind bereit, es auszubauen. Wenn Ihr also noch Feldpostbriefe zu Hause habt und möchtet, dass die Nachwelt diese lesen kann, dann lasst Sie uns zu kommen. Ihr erreicht uns unter dieser Mailadresse: deutsche.feldpost.blog[at]gmail.com. Schickt uns Scans oder fertig abgetippte Briefe, wir würden uns freuen, hier ein großes Archiv aufbauen zu können.

Dienstag, 16. Mai 2017

#37.2 27.05.1940

Liebe Großmutter, liebe Tante Anne !

Zunächst vielen herzlichen Dank für die beiden lieben Briefe von Großmutter und Tante Annes nette Beilage. Wieder ist ein Tag, damit die erste Woche hier rum. Es ist jetzt sehr warm, auch auf den Zimmern, dass ich, nachdem ich meine schriftlichen Arbeiten erledigt habe und man uns heute im Gelände wieder ordentlich frisch gemacht hat, nur wenig Lust verspüre, noch zu schreiben. Aber auf so viele liebe Grüße muss man doch antworten. Wir wollen immer noch sagen, wenn es nicht schlimmer wird, wie bisher, dann halten wir die paar Wochen schon aus. Angeblich ist das aber erst die Auflaufwoche gewesen, aber durchgehalten wird trotzdem, da wir alle wissen, was auf dem Spiele steht. Nachdem ich Sonnabend zum ersten Male raus war, und mir Potsdam angesehen habe, fuhr ich gestern früh mit der S-Bahn nach Berlin, das ich ja immer schon gern kennenlernen wollte. Unangenehm war nur die blöde Hitze, sonst gefiel mir die Stadt mit den abwechslungsreichen Grünanlagen zwischen den hohen Gebäuden ganz wunderbar. Ich sah mir Siegessäule, Brandenburger Tor, die Linden mit Aufziehen der Wache am Ehrenmal, Zeughaus und Luftfahrtministerium an, wo ich von einem wachhabenden Kameraden durch verschiedene Räume geführt wurde. Abends war ich im Kaffee Vaterland. In Potsdam ist sehr wenig los, aber es ist doch ganz reizend. Wenn es nun erst hinaus geht auf Wannsee etc.!! Dann wird es ebenso schön, wie vorher Danzig, nur wir haben außer dem Wochenende keine Zeit zum Amüsieren. Obwohl wir uns ganz umstellen müssen und man hier nur zu gehorchen hat, bekommt man doch einen ausgezeichneten Überblick über die gesamte Ausbildung, die späteren Offizier unerlässlich ist. Vielen Dank auch für die sicher bei Euch auch sehr knappen Brotmarken. Die nahm ich mit besonderer Freude entgegen, denn Kuchen ist nach dem Essen immer sehr begehrt, wenn er auch sehr wenig nach Frieden schmeckt. An die nur drei Mahlzeiten gewöhnt man sich allmählich, freut sich aber doch, wenn man dazwischen nochmal was einstecken kann, aber viel Zeit ist dazu meist ja auch nicht. Auf den Übungsplatz Döberitz werden wir ganz vornehm mit Autos gefahren, es ist auch sonst zu weit. Heinz Docks Tod tut mir auch sehr leid, aber es ist eben nicht zu ändern. Immerhin dürfen wir mit unseren Verlusten im Verhältnis zu den märchenhaften Erfolgen sehr zufrieden sein, glaube ich. Mein Freund Heinz Schlehen aus Osterholz ist ja auch wieder aufgetaucht und hat sich gleich verlobt. Radio steht uns jetzt leider nicht zur Verfügung, es ist auch keins leihweise zu bekommen oder zu kaufen. Wir müssen mit der "Nachtausgabe" begnügen. Manchmal würde Radio uns ja auch wohl nur beim Arbeiten stören. Wo unsere Kameraden jetzt vorn am Feind stehen, ist es unsere Pflicht in der Heimat jetzt alles, was möglich ist, heraus zu holen. Man hat uns nun einmal an diesen Platz gewiesen und da wollen wir auch versuchen, allen Forderungen gerecht zu werden, wenn es auch nicht leicht sein wird. Mit dem schönen Flirten von Danziger Art hat es nun erst mal wieder bis August Zeit! Die Sportprüfung am ersten Tage hier sollte nur einen allgemeinen Überblick verschaffen, nur die großen Leuchten wurden vorgemerkt und ein paar ganz Unbeholfene schon jetzt wieder weggeschickt. Ich leistete mehr, als ich, ohne ein Jahr Training, erwartet hatte und hielt mich gut im Durchschnitt. Es wurde sonst nicht weiter darauf eingegangen und wegen Mangels an Zeit und da alles drängt wird der Sportplatz ganz in den drei Monaten in den Hintergrund rücken. Die vorherigen Jahrgänge haben nie Sport gemacht. Das Schwimmbad steht dummerweise nicht frei zur Verfügung. Das wäre doch Abends mal schön, wenn man aus Zeitmangel nicht raus kann. Hier ist außer Mittwoch und den Wochenendtagen schon immer 11:00 Uhr Zapfenstreich, vielleicht auch ganz vernünftig. Trotz des solideren Lebens ist man aber morgens viel trauriger, als in Danzig, wo man oft erst um 02:00 Uhr ins Bett kam. Ein Paket von Mutti erwarte ich schon seit Tagen vergeblich. Es wäre schön, wenn ich Pumpernickel und Marmelade bekäme! Wir haben zwar einen Behälter für beim Frühstück und Abendessen übrig gebliebene Verpflegung, aber meist geht sie leer wieder mit zurück. Durch die Geschichte mit den katholischen Kirchgängern bin ich nicht ganz durch gefunden. Sind damit die Untermieter gemeint? Das ist mit der "Goldenen Irma" mal zu Ende ging, war ja wohl nicht anders zu erwarten. Ein paar Adressen habe ich, schon in Berlins Umgebung, wo ich mal runter kommen kann. Erst will ich aber mal die Stadt mit allen Sehenswürdigkeiten kennen lernen. Wenn nun auch mein Brief nur eine bescheidene, flüchtige Antwort ist, so bitte ich das zu verstehen. Hoffen wir auf weiter so schöne Erfolge, wie in den letzten Tagen und Wochen und dass wir gelegentlich auch mal was davon mitkriegen. Darauf mache ich mir vorläufig aber keine Hoffnung, im August werden wir sicher erst wieder ausbilden. Viele herzliche Grüße mit nochmals vielen Dank für die liebe briefliche Unterstützung

stets Euer Reinhard

Sonntag, 14. Mai 2017

15.12.1943 - W. Landwehr


Meine liebe Lischen und mein lieber Junge Wernerle!

Am gestrigen Tage war ich für einige Stunden beim Troß, dort traf ich einige Kameraden wie Herrn Leinsen, Winkler, Nissmann u.s.w.. Offizier Winkler fuhr am 17.12. auf Bombenurlaub. Ich gab ihm einen Brief mit für Opa und Delmenhorst. Er will mir ein Paket mitbringen, dieses Opa eben von Delmenhorst holen und zu ihm bringen. Dann gibt es mal wieder einen guten Tag. In den nächsten Tagen gehe ich mit einigen Leuten für drei Tage zum Troß, das heißt "Erholung" bei uns. Na wir wollen zur Zeit nicht klagen, es ist einigermaßen ruhig bei uns. Südlich von uns ist es sehr lebhaft. Hoffen wir das die Scheiße nicht gerade Weihnachten bei uns los geht.

#37 21.05.1940

Liebe Großmutter, liebe Tante Anne!

Nun bin ich glücklich doch auf der Waffenschule gelandet. Es kam wieder ziemlich übereilt; von den ca. 30 Offiziersanwärtern wurden auch nur Neun hier her kommandiert. Man hat besonders die für die Nachkriegszeit als aktive Offiziere vorgesehenen Unteroffiziere ausgesucht. Wenn wir hier in den drei Monaten auch erheblich mehr rangekriegt werden, so haben wir doch mehr Plan in unserer Ausbildung als die zurückgebliebenen. Nach erfolgreicher Bestehung des Lehrgangs haben wir große Aussicht Feldwebel zu werden und damit haben wir dann aus sozusagen die Eignung zum Offizier. Auch dass man uns um unseren Urlaub gebracht hat, bedaure ich nun nicht mehr so; vor Mitte August wird daraus nun natürlich nichts. Am Sonntag morgen fuhren wir mit allen Sachen nach Berlin - Göberitz. Bei der Einteilung am nächsten Morgen kamen wir Offiziersanwärter vom Regiment 18 alle in dieselbe Inspektion, das entspricht einer Kompanie, zur Lehrgruppe 3 nach Potsdam. Abgesehen davon, dass wir hier näher an der Stadt sind, als in Göberitz, ist die Unterbringung hier auch weit günstiger. Denkt Euch nur, zu vier Mann ein Schlaf- und ein Arbeitszimmer mit fließenden Wasser, eigenem Schreibtisch, Nachtisch und großen Bett und Schrank! Gegessen wird nur dreimal täglich im Fähnrichsheim. Hoffentlich kommen wir damit durch! In Danzig war noch so allerhand zu bekommen, hier gibt's selbst Kuchen nur noch auf Marken. Heute früh wurden wir sportlich geprüft. Zum Schwimmen steht uns ein fantastisches Hallenbad zur Verfügung, um das uns manche Großstadt beneiden kann. Wir liegen ganz in der Nähe von Sanssouci. In der Woche wird bei dem vielen Dienst und den Privatarbeiten wohl nicht viel Freizeit bleiben, dafür erhalten wir am Wochenende Urlaub nach Berlin und können dort alles Sehenswerte kennenlernen und uns unterhalten. Die Natur ist hier schon ein gutes Stück weiter als in Danzig, blühende Bäume gab's dort oben überhaupt noch nicht. Das Wetter ist heute recht trübe und kalt. Für den Dienst soll es aber man bloß nicht zu kalt werden. Danzig von dem wir schweren Herzens geschieden sind, wird uns dann wohl am 10. August wieder seine Tore öffnen. Ob wir bei den riesigen Erfolgen jetzt, überhaupt noch was vom Kriegsschauplatz sehen werden. Fast möchte man jetzt an ein baldiges Kriegsende glauben. Das wäre aber doch schon bedauerlich. Alles was mit uns geschieht, geschieht aber letzten Endes auf Befehl des Führers und wir wollen auch hier in der Heimat unseren Mann stehen. Ihr könnt Euch denken, dass ich nicht mehr viel Freizeit habe und daher kann ich Euch, so gern ich's täte, nicht so genau und sauber unterrichten. Nach Haus habe ich genaueres geschrieben. In der Hoffnung, dass Euch auch dies vorerst genügt und dass es Euch weiter recht gut geht, wie mir auch, verbleibe ich mit vielen, herzlichen Grüßen

Euer Reinhard.

09.12.1944 - Wolfgang Köhr

Liebe Eltern, liebe Irmgard!

Während ich diese Zeilen schreibe knabbere ich schon eifrig an Eurem Weihnachtskuchen!!! Denkt nur sie sind schon alle drei in meinem Besitz, und waren kaum eine Woche unterwegs. Gerade gestern hatte ich Gelegenheit zu meiner alten Kompanie zu fahren und dort rief man uns schon entgegen meine Weihnachtspäckchen seien angekommen. Es sind die ersten in der ganzen Kompanie. Schreibt mir nun einmal wo ihr die dritte Päckchenmarke aufgetrieben habt, ich kann es mir gar nicht erklären. Auf alle Fälle habe ich mich riesig gefreut, besonders auch zu den schönen Bildern. Und nun zu eurem Wohlbefinden. Hoffentlich geht es Euch noch allen [] recht gut. Wie ich in Euren Briefen immer wieder ersehe, lauft ihr immer noch soviel in den Bunker, obwohl Bremen schon längst ein Trümmerfeld ist. Ja, mit uns hat der Feind in den vergangenen Wochen auch gemacht was er wollte, aber wir haben alle die Hoffnung, dass der Spieß nochmal gedreht wird. Die Lage war ernst, aber nicht hoffnungslos. Mir selbst geht es immer noch prima [], ganz besonders in diesen Tagen wo ich von dem Inhalt der Päckchen lebe! Mit ihnen habe ich auch einige Briefe erhalten, darunter auch Deinen, lieber Vater. Wie du schreibst, macht die Kasse dir schon wieder Schwierigkeiten. Wenn man doch nur diesen Bonzen mal 'ne Bombe auf den Schädel setzen wollte, dem Gauner würde ich es von ganzen Herzen gönnen.
Und nun gehabt Euch wohl, ihr Lieben, vielleicht hört ihr morgen, am Sonntag mehr von mir. Für heute nehmt die herzlichsten Grüße entgegen

von Eurem Wolfgang


Ich sehe ihr zerbrecht Euch schon wieder den Kopf über meinen jetzigen Standort. Ich bin in der Gegend von Ensisheim und zwar in Münchhausen nah am Rhein.

Münchhausen ist ein kleines Dorf und ihr werdet es kaum finden auf der Karte, ich gebe daher Ensisheim an, da dieses etwas größer ist.


Nach der Feldpostnummer 23206 handelt es sich hier um die Korps-Nachrichten-Abteilung LXIII. AK

Einberufung Wolfgang Köhr - Bremen



Freitag, 5. Mai 2017

#34 25.04.1940

Liebe Großmutter, liebe Tante Anne!

Nun werdet ihr sicher allmählich mal wieder Nachricht von mir erwarten. Durch den ziemlich reichlichen Dienst und das viele Interessante, was uns Danzig bietet, ist man gar nicht mehr zum Schreiben gekommen. Nun habe ich heute mal eine Mittagspause geopfert, um meine Briefschaften zu erledigen. Wahrscheinlich werden wir zum 20.05. nun nach Görlitz kommen. Bis dahin werden wir an drei Nachmittagen die Woche nochmal ganz elementar ausgebildet und uns alle, die kleinen militärischen Begriffe, die wir morgens den Rekruten übermitteln müssen, ins Gedächtnis zurückrufen. Vor der Abkommandierung hoffen wir noch ein paar Tage Urlaub zu bekommen, die uns an sich auch zustehen. Hier wird es mit jedem Tage schöner, wenn es auch noch kaum grünen will. Vorherigen Sonntag in Zoppot war es herrlich, aber auch noch reichlich früh in der Jahreszeit. Nachdem ich vor 1 1/2 Wochen die prachtvolle Aufführung von "Tristan und Isolde" gesehen hatte, beeindruckte mich am Sonntag "Tosca" mit einem italienischen Tenor. So was hat man im Hunsrück ja nun alles nicht gehabt. Zu Hitlers Geburtstag wurde ich Abends als einer der Vertreter zu einer Feierstunde der Partei entsandt. Die ausgezeichnete Rede des Danziger Kreisleiters wurde umrahmt von Darbietungen des Nationalsozialistischen Sinfonieorchesters. Wir sind überhaupt oft in der Stadt und erfreuen uns an Café, Tanz und Kinos. In unserer bisherigen Unterkunft war es uns doch reichlich eng und ungemütlich geworden. Wir haben den Spieß solange gequält, bis er uns in einem anderem Kasernengebäude ein großes, freies Zimmer angewiesen hat. Wir haben nun zwar immer einige 100m zum Kompaniegebäude. Die nehmen wir aber gern in Kauf, wenn wir dafür nach dem Dienst unsere Ruhe haben. Morgen wird wieder ein Marsch sein. Endlich sind meine Rekruten wieder aus ihrer Isolierung herausgezogen worden. Ich bin erfreut, wie weit sie trotz des Aussetzens, in ihren Leistungen und ihrem Diensteifer sind. Als Belohnung verschaffte ich ihnen gestern einen dienstfreien Nachmittag. Ich selbst musste aber wegen der [...] auf dem Kasernenhof bleiben und konnte erst am Abend ausgehen. In der letzten Woche musste ich mir einen Backenzahn ziehen lassen. Dadurch haben die Anderen, die ebenso wie bei Mutti, sehr eng stehen, mehr Platz zum ausdehnen bekommen. Ich habe mich an die Lücke im Gebiss jetzt ganz gewöhnt. Unter Erkältung habe ich auch nicht mehr zu leiden. Ich habe Heute wohl mal wieder sehr geschmiert?! So viel Lust, wie an der Front, hat man hier, wegen der vielen Unterhaltungen, natürlich nicht. Ein Radio wollen wir uns auch noch zu leihen versuchen. Das ist doch in der jetzigen Zeit unersetzlich. Euch geht es hoffentlich auch weiter recht gut! Mit vielen herzlichen Grüßen bin ich in alter Frische

Euer Reinhard.

#31 10.03.1940

Liebe Großmutter, liebe Tante Anne!

Soeben erhalte ich mit vieler anderer Post Großmutters lieben, langen Brief vom 06. ich hatte mir sowieso vorgenommen, Euch heute zu schreiben, aber so tue ich es noch viel lieber. Wie Ihr aus Osterholz vielleicht schon gehört habt, bin ich seit letzten Dienstag wieder aus dem schönen Forsthaus heraus und habe in einer neuen Ortschaft Quartier gemacht. Ich wohne jetzt mit noch zwei Kameraden, die bei unserer Verlegung zum Feldwebel befördert wurden, zusammen beim Ortsbauernführer. An Herrschaftlichkeit und Gemütlichkeit lässt sich das jetzige Quartier ja mit dem Alten nicht vergleichen. Man hat sich aber als Soldat überall schnell eingewöhnt und zu verachten ist auch nicht die zusätzlichen warmen Abendessen, die wir hier täglich bekommen. Zu drei Mann müssen wir uns über die zwei großen Betten einigen. Einmal hatten die beiden Kameraden ihr Reich sowieso für sich, als ich von Donnerstag auf Freitag U.v.D. hatte und auf der Schreibstube übernachten musste. Zweimal habe ich allein geschlafen, da die beiden frischgebackenen Feldwebel erst sehr spät von ihren Beförderungsfestlichkeiten zurück kamen. Im Kreise des gesamten Unteroffizierkorps war diese gestern. Am Nachmittag wurde erst "einer ausgeschossen", um den beiden die Sache nicht zu teuer zu machen und gestern Abend wurde dann bis halb drei Uhr dem Bier und Schnaps zugetrunken. Nach alter Sitte musste von den neuen Portepeeträgern eine Säbelscheide voll getrunken werden. Hinterher kamen dann noch die nächsten Aspiranten an die Reihe, zu denen ich mich auch zählen darf und so schon etwas übte. Heute früh mussten wir um halb acht Uhr schon wieder stehen zur Heldengedenkfeier. Diese wurde mit den Organisationen der Partei, der Gemeinde unter Leitung unseres Kompanieführers auf dem Friedhof abgehalten. Nun bin ich wieder daheim, wir warten auf den Beginn der Festlichkeiten in Berlin. Ob es heute Nachmittag noch zu einem Spaziergang an den Rhein reichen wird, oder ob wir besser schlafen? Mitte letzter Woche fuhr außer mir der letzte Unteroffizier in Urlaub. Wenn es nun so weiter geht, etwas anderes möchte ich wirklich nicht annehmen, bin ich also in gut einer Woche doch an der Reihe. Wenn ich nun wirklich zu Ostern und Muttis Geburtstag daheim wäre, wäre das doch das Schönste, was man sich denken könnte. Wenn es diesmal nicht klappt, werde ich aber doch energisch meine Rechte auf der Schreibstube geltend machen. Diesmal dürfen wir also mit Sicherheit annehmen, dass ich Mitte nächster Woche in Osnabrück sein kann. Es wird wohl am Besten sein, wenn ich auf der Hinfahrt bei Euch Station mache. Wenn es so wird, dann haben wir, glaube ich, alles bisher versäumte wieder wett gemacht. Ich würde mich herzlich freuen, Eurem wochen- und monatelangen Warten nun endlich ein Ende bereiten zu können. Die letzten "Auslese"-Hefte, die ich 1 1/2 durchgelesen habe, werde ich wohl noch zum Ende der Woche schicken und dann nach Möglichkeit genaueres über den Urlaub schreiben. Einen Skatklub haben wir auch jetzt wieder beisammen. Wie ich aber ja schon oben andeutete, ist zur Zeit noch erst was anderes zu erledigen. Das Schloßufer Konzert fällt ja vielleicht gerade in meinen Urlaub, es wird aber wohl nichts mehr zu machen sein bez. Karten. Ich freue mich schon auf die erste Theatervorstellung in Bremen seit langer Zeit. In der Mitte des Urlaubs wollte ich ja auch einen Abstecher nach Lippe machen. Es freut mich, dass Du, liebe Großmutter, trotz des Wegfalls der Stütze einigermaßen durchkommst. Zur Zeit liegt noch immer Schnee. Wir wollen aber alle hoffen, dass es zu Ostern warm und trocken ist, damit man die 14 Tage recht genießen kann. Tante Anne schafft es hoffentlich auch, trotz mancher Überstunde. Das ist nun mal alles unerlässlich und wird sicher eines Tages reich belohnt. Wir hören auch immer die Nachrichten im Radio, am liebsten die Fritzsche Zeitungsschau, die Frontberichte sind doch manchmal ziemliche Theaterspielerei. Was ist das denn für ein Onkel Theo Heyn, von dem Großmutter schreibt? Wohnt der in Österreich und hat die Söhne, die in Führerzeit von dem Alten Dollfuss-System so unterdrückt wurden. Davon habe ich ja schon mal was gehört. Es freut mich sehr, dass Onkel Carlfried nun doch glücklich untergekommen ist. Vielleicht kann ich ihn ja kurz auf der Durchreise aufsuchen, möchte das aber vorerst noch sehr bezweifeln, zumal die Bahnverbindungen so schlecht sind, wir keine D- und Eilzüge benutzen dürfen und ich natürlich schnell nach Osterholz möchte. Die Feldpostnummer ist doch immer schon auf dem Stempel gewesen? Ihr werdet meinen Urlaubsaussichten wohl kaum Glauben schenken können, aber ihr sollt mal sehen, was wird. Auf ein hoffentlich gesundes und frohes Wiedersehen in der Kar-Woche und vielen herzlichen Grüßen

Euer Reinhard

29.01.1942 - Gefallenenmeldung Peter Groen

Sehr geehrte Frau Groen!

Zu meinem Leidwesen muss ich Ihnen die traurige Mitteilung machen, dass Ihr Mann, der Unteroffizier Peter Groen in den harten Abwehrkämpfen bei Pogostje etwa 40km südostwärts Schlüsselburg bei einem kühn geführten Gegenstoß an der Spitze seiner S.M.G.(schwere Maschinengewehr) - Bedienung in soldatischer Pflichterfüllung, getreu seinem Fahneneide, durch Brustschuss am 16.01.1942, Abends, für Führer, Volk und Vaterland gefallen ist.

Möge die Gewissheit, dass Ihr Mann sein Leben für die Größe und Bestand von Volk, Führer und Reich hingegeben hat, Ihnen ein Trost in dem schweren Leid sein, das sie getroffen hat. Ich spreche Ihnen, zugleich im Namen seiner Kameraden, meine wärmste Anteilnahme aus. Die Kompanie wird ihm stets ein ehrendes Andenken bewahren. Ich grüße Sie in aufrichtigem Mitgefühl

gez. Leutnant und Kompanieführer


#40 21.06.1940

Liebe Großmutter, liebe Tante Anne! Wir erfreut war ich, von Euch schon wieder so ein leckeres Paket mit einem lieben Brief zu erhalten. ...